Hanf: traditionelle Kulturpflanze mit Superfoodcharakter
Kulturpflanze mit langer Tradition
Schon sehr früh entdeckten die Menschen den Hanf (Cannabis) und kultivierten die Pflanze ob ihrer außergewöhnlich vielseitigen Verwendungsmöglichkeiten. Als Ursprung der einjährigen Pflanze gilt Zentralasien, von wo aus sich die Nutzung weltweit verbreitete. Die Kulturform des Hanfes Cannabis sativa L. bildet einen Stängel, der eine Höhe von bis zu fünf Metern erreichen kann. Der Gehalt an psychoaktiven Stoffen ist in diesen Sorten eher gering im Gegensatz zum indischen Hanf Cannabis indica.
Männlich und weibliche Blüten wachsen beim Hanf grundsätzlich auf unterschiedlichen Pflanzen, wobei letztere besonders viel des berauschenden THCs (Tetrahydrocannabinol) produzieren. Es gibt auch Züchtungen, die sowohl weibliche als auch männliche Blüten tragen und besonders beim Anbau von Nutzhanf zum Einsatz kommen.
Vielfältiger Allrounder
Ursprünglich war Hanf vorwiegend wegen seiner nahezu unverwüstlichen Fasern der Stängel begehrt, die zu Segeltuch, Tauen und Seilen verarbeitet wurden. Bis heute finden sie Anwendung in Textilien, Papier, naturfaserverstärkten Kunststoffen sowie als Einstreu, Baustoff und Dämmmaterial.
Neben ihrer Verwendung als Faserpflanze ist der Hanf bzw. seine Samen auch als Ölpflanze, Futter- und Lebensmittel von Bedeutung.
Die berauschende Wirkung der Blüten machte den Hanf als illegales Rausch- und legales Arzneimittel berühmt, aber auch berüchtigt.
Als Nutzhanf erlebt die Pflanze als heimisches Superfood gerade einen neuen Hype, die landwirtschaftliche Bedeutung bleibt aber nach wie vor untergeordnet.
Bis in die 90er-Jahre war der Hanfanbau durch eine Verschärfung des Betäubungsmittelgesetzes verboten. Seither ist die Kultivierung von Nutzhanf wieder erlaubt, allerdings streng geregelt. Für die Lebensmittelerzeugung dürfen laut AGES nur Hanfvarietäten verwendet werden, deren THC-Gehalt unter 0,3 % liegt. Die Untersuchung auf den THC-Gehalt während des Anbaus erfolgt zu jener Zeit, bei der die Hanfpflanze am meisten THC produziert hat, sprich zum Ende der Blütezeit.
Rund 90 % der österreichischen Anbaufläche dienen der Ölgewinnung, Hanf zur Fasergewinnung spielt kaum eine Rolle. 2021 wurden rund 1.700 ha für Hanf zur Ölgewinnung genutzt. Hauptanbaugebiet ist Niederösterreich mit rund 60 % der österreichischen Hanfanbaufläche.
Berauschende Inhaltsstoffe
Hanf enthält einerseits hochwertige Fettsäuren, wertvolles Eiweiß und sekundäre Pflanzenstoffe sowie andererseits psychoaktive Substanzen, was die Einsatzmöglichkeiten vielseitig und sehr divers gestaltet.
Bisher wurden im Hanf über 1.000 chemische Substanzen identifiziert, die üblicherweise in Harzen rund um die weibliche Blüte vorliegen. Den bedeutendsten Anteil machen Cannabinoide und Terpene aus.
Die Cannabinoide werden in speziellen Drüsenhaaren im Bereich des Blütenstands gespeichert und sind in geringerem Ausmaß auch in den Blättern und Stängeln der Pflanze vorhanden.
Das wohl bekannteste Cannabionoid ist das THC (Tetrahydrocannabinol), dessen berauschende Wirkung und illegale Verbreitung den Hanf in Verruf geraten ließ. Sein Potenzial als Therapeutikum macht es heute in der Medizin zu einem beliebten Forschungsobjekt.
Viel Aufmerksamkeit wird derzeit auf einen weiteren Inhaltsstoff gelegt, nämlich das CBD (Cannabidiol). Es beansprucht ebenso therapeutisches Potenzial bei jedoch fehlenden berauschenden Effekten im Gegensatz zu THC. Da es als Nahrungsergänzungsmittel geführt wird, ist es als Reinsubstanz oder Pflanzenextrakt frei erhältlich. Die Liste der potenziellen Wirkungen ist lang, allen voran steht die schmerzstillende und angstlösende Wirkung.
Terpene sind Bestandteile vieler ätherischer Öle und für den Aromeneichtum des Hanfes verantwortlich. Sie haben außerdem antioxidative Wirkung.
Lebensmittel Hanf
Als Lebensmittel spielen vor allem die Hanfsamen eine Rolle, die botanisch gesehen Nüsse sind und deshalb oftmals auch als Hanfnüsse bezeichnet werden. Sie eignen sich zum direkten Verzehr oder zur Herstellung von Öl und Mehl. Blätter und Blüten finden als Tee Verwendung.
Hanfsamen enthalten keine Cannabinoide, sind aber reich an hochwertigem Eiweiß, Fett und Mineralstoffen. Der Gehalt an den einzelnen Inhaltsstoffen hängt von der Hanfsorte und klimatischen Faktoren ab.
Der Eiweißgehalt von Hanfsamen unterscheidet sich je nach Darreichungsform. Während geschälte Hanfsamen rund 32 % Eiweiß besitzen, sind es bei der ungeschälten Version ca. 20 %. Letztere punktet dafür mit einem hohen Ballaststoffanteil, der durch den Schälprozess deutlich gemindert wird. Das Eiweiß ist von sehr hoher Qualität und Verdaulichkeit und weist alle essenziellen Aminosäuren auf.
Beliebt und wertvoll sind daher auch „Hanfmehl“ und „Hanfprotein“. Der Pressrückstand aus der Hanfölproduktion enthält wertvolle Inhaltsstoffe der Pflanze, allen voran hochwertiges Eiweiß. Fein vermahlen ist es inzwischen in der Küche sehr beliebt. Der Eiweißgehalt von Hanfmehl liegt unter 50 %, bei „Hanfprotein“ darüber.
Auch Vitamine und Mineralstoffe sind in nennenswerten Mengen vorhanden, außerdem enthält Hanf wertvolle bioaktive Substanzen. Sogenannte Phytosterine konkurrieren mit dem tierischen Cholesterin und haben dementsprechend einen cholesterinsenkenden Effekt. Flanvonoide aus dem Hanf weisen antioxidatives Potenzial auf.
Das aus den Hanfsamen gepresste Öl besteht zu über 90 % aus ungesättigten Fettsäuren, der Gehalt an den essenziellen Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren gilt als besonders erwähnenswert. Auch die selten vorkommente Gamma-Linolensäure ist enthalten, der eine antientzündliche Wirkung zugeschrieben wird. Gamma-Linolensäurehältige Lebensmittel gelten als Ernährungstipp bei Neurodermitis und schuppiger, juckender Haut. Der hohe Anteil an Vitamin E wirkt sich positiv auf die Haltbarkeit des Öls aus.