Auf Herz und Nieren geprüft: Innereien feiern ein Comeback
Innereien waren früher eine Selbstverständlichkeit auf dem Speiseplan. Heute finden sie durch die Nose-to-tail-Bewegung ein Revival. Dabei mischen sich traditionelle Speisen mit extravaganten Kreationen aus der Sternegastronomie.
Aus ernährungsphysiologischer Sicht ist diese Trendumkehr jedenfalls zu begrüßen. Unter dem Begriff Innereien sammeln sich alle essbaren inneren Organe von Schlachttieren (inkl. Wild und Geflügel). Am häufigsten werden Herz, Leber, Nieren, Hirn, Bries, Milz, Lunge, Magen und Zunge in den heimischen Küchen verarbeitet. Innereien zeichnen sich durch ein breites Nährstoffspektrum aus. Die Konzentration und Dichte an Vitaminen und Mineralstoffen ist vorbildlich. Besonders Vitamin A, B, C und Folsäure stechen hervor, ebenso Eisen und Zink. Bevor es gelang Vitamin B12 synthetisch herzustellen, diente rohe Leber sogar zur entsprechenden Behandlung eines Mangels, was den enormen Nährwert unterstreicht.
Wegen ihres hohen Cholesteringehalts sind Innereien jedoch mehr und mehr in Verruf geraten. Inzwischen steht fest, dass die Aufnahme an Cholesterin für Stoffwechselgesunde nur unwesentlich Einfluss auf deren Blutfettwerte hat. In dieser Hinsicht sind Nieren, Herz und Co. also wieder freigesprochen.
Innereien enthalten hochwertiges Eiweiß. Gichtpatienten und Personen mit hohen Harnsäurewerten sei aber wegen ihres hohen Gehalts an Purinen ein sparsamer Umgang mit Innereien empfohlen. Da Kalbsbries und Co. allerdings eher selten am Speiseplan stehen, ist auch für diese Personengruppe gegen eine gelegentliche Innereien-Mahlzeit nichts einzuwenden.
Darauf kann man sich auch hinsichtlich einer möglichen Schadstoffbelastung beziehen. Innereien erweisen sich immer wieder als potenzielle Schadstoffquellen, die aber bei gelegentlichem Verzehr im Rahmen einer abwechslungsreichen Mischkost sicher keine gesundheitliche Bedrohung darstellen. Entscheidend sind mitunter Herkunft und Alter der Tiere. Während Nutztiere einen absteigenden Trend an einer Schwermetallbelastung aufweisen, können Innereien von wildlebenden Tieren eher belastet sein. Deshalb sollten Innereien von Hasen, Rehen oder Wildschweinen nur selten verzehrt werden. Schwangere und Stillende sollten besser gänzlich darauf verzichten.
Aus ethischer, nachhaltiger und gesundheitlicher Sicht spricht viel dafür Innereien wieder mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Auch preislich gesehen schaffen diese Teile des Tiers dem Geldbörserl einen enormen Vorteil. Und wer es geschmacklich etwas intensiver und außergewöhnlich mag, ist bei Innereien genau an der richtigen Stelle. Viel zu sehr hat sich ein geschmacklicher Einheitsbrei in der alltäglichen Kulinarik breitgemacht, sodass Beuschel, Lungenstrudel und Co. dem Gaumen wieder neue Erlebnisse eröffnen können.
Kleines Innereien-ABC
Beuschel: Gericht aus Herz und Lunge
Bries (Kalb, Lamm): Thymusdrüse, die sich bei älteren Tieren zurückbildet, besteht aus zwei Teilen, optisch ähnlich wie Hirn, etwas fester, aber ebenso zart, reich an Vitamin C und Kalium
Herz (Schwein, Rind, Kalb, Lamm, Ziegenkitz): feinfaseriges Muskelfleisch, eiweißreich, reich an Vitamin B1
Hirn (Kalb, Lamm): leicht verdaulich, mineralstoffreich
Kutteln (Rind, Kalb, Schaf): Pansen, meist in Streifen geschnitten
Leber (Schwein, Rind, Kalb, Lamm, Ziegenkitz, Geflügel): je jünger das Tier, desto zarter, Kalbsleber ist milder im Geschmack, große Mengen an Vitamin A (für Schwangere nicht geeignet), B1, B2, C, D und Eisen
Lunge (Kalb, Lamm, Ziegenkitz): leicht und kalorienarm, eher geringer Nährwert, meist für Beuschel oder Lungenstrudel verwendet
Milz (Schwein): sehr weiche Konsistenz, vor allem als Suppeneinlage und für die Wurstherstellung
Niere (Schwein, Rind, Kalb, Lamm, Ziegenkitz, Geflügel): nährstoffreich mit ausgeprägtem Eigengeschmack
Zunge (Schwein, Rind, Kalb): eher fetthaltig, zartes Fleisch, saftig und typischer, milder Geschmack